Beim Open Dagen in Twenthe in den Niederlanden, ungefähr 10 km von der deutschen
Grenze entfernt, hat der deutsche Anteil unter den Besuchern sehr hoch gelegen; kein
Wunder bei der üppigen Auswahl an solchen Shows in deutschen Landen. Der Anlaß
der Show war natürlich das Jubiläum 100 Jahre Motorflug, außerdem gab
es immerhin 90 Jahre holländische Militärluftfahrt zu erwähnen und 50
Jahre Königliche Luchtmacht.
Die allgemeine Meinung war, dass die Bodenausstellung ein bisschen dünner als
in den letzten Jahren ausgefallen ist. Das war nicht unbedingt ein Nachteil, denn außergewöhnlich
seltene Exemplare, vor allem die aus dem Osten, sucht man schon seit Jahren vergeblich.
Außer dem Standardprogramm waren noch ein paar F/A-18, zwei F-15 und die eine
oder andere Sonderbemalung zu erwähnen, ansonsten gab's im Westen nichts Neues.
Der Prozeß der Vereinheitlichung ist bereits in vollem Gange, wir werden uns
in fünf bis zehn Jahren vor lauter F-16, F-18 und Eurofightern nicht mehr retten
können. Wir wünschen uns doch alle den Anfang der Neunziger zurück,
wo es noch keine Fighter der 4. Generation gab, stattdessen aber der Osten all seine
bis dahin geheimnisvollen Maschinen auf die westlichen Shows geschickt hat. Alles vorbei,
die goldene Zeit hat keine fünf Jahre gedauert.
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Static as usual |
1. grafisches Highlight:
kan. F-18 |
2. grafisches Highlight:
Boelcke-Tornado |
Aber zurück nach Twenthe: viele Leute haben sich aufgeregt über die überdimensionierten
Absperrungen an der Bodenausstellung. Allerdings war vielen auch der Hintergrund nicht
bekannt: in der Nacht vor der Show wurden ein paar Kriminelle verhaftet, die den Zaun
zerschnitten und sich illegal auf das Gelände geschlichen hatten. Bewaffnet waren
sie mit Farbbeuteln und Tüten voller Schrauben, die sie in Triebwerke werfen wollten.
Sie wurden Gott sei Dank geschnappt und bis zum Ende der Show in Arrest gesteckt. Nicht
auszudenken, was hätte passieren können, wenn sie diesen Schwachsinn durchgeführt
hätten.
Ansonsten war das Besucherinteresse wieder gigantisch: an beiden Tagen haben sich
sagenhafte 300.000 Zuschauer eingefunden; damit hat der Open Dagen die Air Tattoo weit
hinter sich gelassen. Bei Eintrittspreisen von täglich umgerechnet 50 Euro in
England gegenüber freiem Eintritt in Holland kein Wunder.
Und man muß den Holländern zugestehen: sie zaubern jährlich ein
Flugprogramm aus dem Hut, das andere Organisatoren neidisch werden läßt.
Das Programm hat außer einer Menge Fightern auch viele Aerobatikteams beinhaltet.
Obwohl es nicht geregnet hat, kann man trotzdem von Wetterpech sprechen. Es war wie
so oft in 2003, dass vorher und nachher blauer Himmel war, das Training und die Show
aber von vielen grauen Wolken verdüstert wurde.
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Gruß aus Lakenheath |
F-15E |
Angefangen hat der Tag mit zwei F-15 aus Lakenheath, allerdings wurde hier die Chance
auf ein schönes Display vertan; gezeigt wurde lediglich ein einziger Überflug
in recht großer Höhe und ein Landebreak. Das hätte man eleganter lösen
können; schade!
Es folgte eine Vorstellung des belgischen Alpha Jet. Gehörte eher zur Rubrik:
nicht spektakulär, aber schade, wenn er irgendwann nicht mehr fliegt.
Das Programm der polnischen Orliks hat mich beeindruckt. Wer sich das Team in den letzten
Jahren genauer angesehen hat, der wird einerseits zugeben, dass sie erstens nicht unbedingt
zur ersten Garnitur der Aerobatikteams gehörten, zweitens sich aber unentwegt
weiterentwickelt haben. Nachdem sie jetzt auch noch auf neun Maschinen aufgestockt
haben, kann ich wirklich nur noch meinen Hut ziehen vor dieser Leistungssteigerung.
Es hat Spaß gemacht, den Jungs zuzusehen, und das will von einem Jetfan schon
was heißen. Ein Orlik hatte Pech bei der Landung, da sein Hydrauliksystem den
Dienst quittiert hat, aber Gefahr bestand zu keinem Zeitpunkt, und am nächsten
Tag war die Maschine wieder repariert.
Die deutschen Marineflieger feierten 2003 ihren 90. Geburtstag und mussten sich,
Ironie der Geschichte, gleichzeitig auf ihre Auflösung vorbereiten. Das Tornadodisplay
des MFG2 erfreut sich europaweit größter Beliebtheit und auch hier in Holland
haben sie wieder ordentlich vom Leder gezogen.
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Display-Tornado vom MFG2
aus Eggebek |
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Noch eine Schüppe draufgelegt hat die ungarische MiG-29 von der Basis Kecsemeth.
Sie zeigte das volle Programm inclusive Tailslight und einem Hauch von Cobramanöver.
Ein Hauch deshalb, weil allein die Maschinen der Su-27 Baureihe 100% dazu in der Lage
sind. Die MiG-29 geht lediglich aus dem Langsamflug ruckartig kurz in den Steigflug,
wirft den Brenner rein und geht sofort wieder in den Geradeausflug. Die Su-27 und ihre
Nachfolger können dagegen so stark gegensteuern, dass ihr Heck nahezu in Flugrichtung
zeigt und reduzieren ihre Geschwindigkeit dabei fast gegen null. Der Sinn des Ganzen
ist, bei einem Dogfight den Gegner an sich vorbeifliegen zu lassen und sich selbst
hinter ihm in Schussposition zu bringen.
Das Programm der Aguilas war gewohnt gut und routiniert, allerdings gab es bei einer
Figur eine etwas heikle Situation, als ein Pilot beim Versuch, seine Maschine in Rückenlage
zu bringen, in den Abgasstrahl seines Vordermannes geraten ist. Aber dafür sind
das alles erfahrene Profis, er hat das Manöver kurzerhand abgebrochen und ist
aus der Formation ausgeschert.
In der Mittagszeit, die Engländer würden lazy noon sagen, gab es die üblichen
Verdächtigen in Form einiger Harvards, des Fokker Four Teams, einer Mustang, der
B-25 und weiterer Oldies. Das Publikum nutzte die Zeit weitgehend, um sich ein bisschen
die steifen Beine zu vertreten. Ich habe die Gelegenheit genutzt, mich in der OPS-Zone
ein bisschen umzusehen. Dort gab es außer einer versteckten Gateguard die Maschinen
des Flugprogramms am Boden zu bewundern.
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OPS-Zone: Harvard &
PaF |
B-25 |
Gripen |
Sehr interessant war die Vorführung einiger Jetklassiker. Gleich beim Start
war zu sehen, wie sich der linke Reifen einer Lockheed T-33 in Wohlgefallen auflöste.
Der Reifenplatzer hatte Gott sei Dank keine Folgen bei der Landung. Die T-33 hat butterweich
aufgesetzt, der Rest des Reifens hat sich in seine Bestandteile aufgelöst, und
die Maschine blieb für den Rest des Wochenendes neben der Piste geparkt. Außer
dem T-Bird flogen noch ein Hunter, eine F-86 und eine Meteor.
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F-86 |
Hunter |
Gloster Meteor |
Für viele Zuschauer sicher der Höhepunkt des Tages war die Airfield Attack,
die die Mittagspause beendete. Leider hat man diesmal ein paar Euro Fünfzig für
die Pyrotechnik eingespart, aber der Rest der Vorführung hatte immer noch genug
Pfeffer und sollte vielleicht einigen Organisatoren, die Airfield Attacks in ihre Programmhefte
schreiben, als Lehrstück dienen :-)
Es folgten die F/A-18 der Schweizer und die Demo eines holländischen Apache
Hubschraubers. Die AH-64 D ist mit einer 30 mm Kanone und maximal 16 Hellfire oder
76 ungelenkten Raketen zur Bekämpfung von Bodenzielen ausgerüstet. Der Kaufvertrag
für die Apaches wurde 1994 unterzeichnet, geliefert wurde ab 1998, die letzte
der 12 Maschinen ist im Mai 2002 eingetroffen. Stationiert sind sie bei der 202. und
203. Squadron in Gilze Rijen. Weitere acht sind in der USA zu Trainingszwecken verblieben.
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F/A-18 / Schweiz |
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AH-64 D Apache |
Leider nicht mit aufsehenerregenden Neuerungen versehen, aber solide und trotzdem
immer wieder mitreißend war das Programm der Frecce Tricolori.
Ganz anders, laut und heftig war das Display der holländischen F-16 MLU. Christian
van Gestel bestritt seine erste Saison als Displaypilot, und er machte seine Sache
verdammt gut. Einziger Wermutstropfen war die Tatsache, dass er auf seinen Flareabschuß
verzichtet hat. Das Programm dauerte 10 Minuten, und genau wie seine deutschen Kollegen
hat er darauf hingewiesen, dass seine Vorführung ausschließlich aus normalen
Standardmanövern besteht, also kein Kunstflug ist. Sein Display zeigt er pro Jahr
rund 25 - 30 mal.
Nach wie vor faszinierend war das Display des Harrier GR-7. Danach waren die Patrouille
de France zu bewundern, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum feiern.
Ausführliche Infos und schöne Aufnahmen darüber gibt es in meinem Report über Salon de Provence.
Vom Draken werden wir uns bald verabschieden müssen. Die Österreicher
sind die letzten, die ihn noch fliegen, und mit Auslieferung des Eurofighter hat leider
das letzte Stündlein des beliebten Draken geschlagen. Hier flog er noch mal in
der Sonderbemalung, der Ostarrichi-Version; Pilot war Hauptmann Dieter Springer.
Ein gewohnt perfektes Display haben die Schweizer wieder geliefert.
Eine Orion, die Freitag geflogen ist, zeigte zwei Überflüge und war wieder
verschwunden. Am Samstag kam eine andere Maschine des gleichen Typs und hat eine Zwischenlandung
in Twenthe eingelegt. Das war keine gute Idee, weil die Runway nicht ihr bestes Wochenende
hatte. Ein Reifen des linken Hauptfahrwerks ist laut und vernehmlich geplatzt, passiert
ist aber Gott sei Dank wieder nichts. Die Orion konnte zu ihrem Abstellplatz rollen,
das Programm ging fast ohne Verzögerung weiter. Auf dem Foto kann man noch die
Fetzen des geplatzten Reifens sehen.
Immer noch sehr beliebt ist die F-4F Phantom. Diese Demo wurde gestellt vom Fluglehrzentrum
F-4 F aus Rheine, der Nachfolgeeinheit des JG-72.
Leider viel zu selten zu sehen ist das Display der Gripen. Eigentlich eine sehr
schöne Maschine, aber wer mal versucht hat, sie gescheit zu fotografieren, wird
daran sicher verzweifelt sein. Um sie vernünftig abzulichten, muß man schon
direkt neben der Runway stehen, sie ist einfach zu klein.
Den Schlusspunkt der Show setzten die britischen Red Arrows. Sie sind schlicht und
ergreifend an Perfektion durch nichts und niemanden zu überbieten. Für viele
das Highlight des Tages war der abschließende Landebreak, der in etwas mehr als
Grasnarbenhöhe durchgeführt wurde.
Der Wettergott hatte nicht sein schlechtestes Wochenende, aber ein paar der grauen
Wolken hätte er sich ruhig sparen können. Am Ende der Show war es so, wie
es den ganzen Tag hätte sein sollen, aber was solls: immerhin sind wir trocken
geblieben.
Die KDC-10 hat abends alle VIP's eingesammelt, und der Tag ging zu Ende.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an die niederländischen Luftstreitkräfte
für den Tag der offenen Tür und für die Unterstützung an diesem
Report.
Bis zum nächsten Mal,
Ihr und Euer Kai Haarmann
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