Für den 18. Mai 2006 hatte das Richthofengeschwader JG 71 zu einem Fototag in Wittmundhaven eingeladen, aber nur wer sich früh genug angemeldet hatte, konnte sich auch über ein Ok des Presseoffiziers freuen.

Treffpunkt war um 10 Uhr morgens im Kasernenbereich, von dort aus ging es mit Bussen zum Flugplatz. Als Gateguards am Haupttor haben uns eine F-86 und eine F-104 begrüßt; beides Flugzeugmuster, die hier schon stationiert waren.

Den toten Kameraden

Ehem. Kommandeur W. Reinhard

Es ist übrigens interessant, wie der Flugplatz zu seinem Namen gekommen ist: einen Ort namens Wittmundhafen gibt es gar nicht, der Name ist entstanden bei der Übernahme des Luftschiffhafens durch die Marine als Kombination aus dem Standort Wittmund und der norddeutschen Endung der Ortsnamen von Marinegarnisonen wie Cuxhaven, Bremerhaven oder Wilhemshaven.

Ende 1916 wurden hier Luftschiffe des Heeres stationiert, aber schon ab 1917 übernahm die Marine mit ihren Luftschiffen den Platz und starteten von hier aus ihre Aufklärungs- und Bombenflüge nach England.
Als nach dem Krieg die verbliebenen Zeppeline den Siegermächten ausgehändigt werden sollten, haben die Mannschaften sie im Juni 1919 kurzerhand zerstört.

Bis 1938 war Ruhe, dann begannen die Bauarbeiten für die Luftwaffe, die ab 1940 hierhin ihr Kampfgeschwader 4 mit He-111 Bombern verlegte, also gerade rechtzeitig für die Bombenangriffe auf England.
Später sind von hier hauptsächlich Me-110 Nachtjäger und der Raketenjäger Me-163 gestartet, auch umgebaute He-111 als fliegende Startrampe für V-1 Geschosse. Das war freilich nicht unbedingt im Sinne der Alliierten, und so haben sie den Platz mehrmals angegriffen und bis zum Kriegsende in Grund und Boden gebombt.

Nach der Demilitarisierung war wieder lange Zeit Pause, bis 1959 die Bauarbeiten erneut begannen und 1963 mit der Verlegung des JG 71 von Ahlhorn mit ihren F-86 endeten.
Noch im selben Jahr wurden die Sabre ausgemustert und gegen brandneue F-104 Starfighter ausgetauscht.
Nach elf Jahren kamen 1974 die ersten Phantoms, und jetzt nach 32 Jahren hat man den Vogel zwar noch immer noch sehr lieb, aber der Wartungsaufwand ist mittlerweile so hoch, dass man gegen die Einführung des Eurofighter nichts einzuwenden hat, aber das wird noch 4 - 5 Jahre dauern. Uns soll's recht sein...



460 Flugzeugliebhaber hatten sich für den Tag angemeldet, aber ein Großteil hat sich vom Wetterbericht abschrecken lassen und ist zu Hause geblieben, so dass letztendlich nur 350 Personen aus 9 Ländern am Start waren; die haben sich auch durch das anfängliche schlechte Wetter nicht beirren lassen. Letzten Endes schien die Sonne trotz miesen Wetterberichts.

Die Bodenausstellung bestand aus einem EC-135 aus Bückeburg, daneben die altbekannte sonderbemalte Bo-105, eine F-4F vom JG 71, natürlich eine A4 Skyhawk von Bae Systems aus Wittmund, dann die schwarz-silberne 37-11, die ihre Sonderlackierung zum Flyout in Rheine bekommen hat (den Film dazu bekommen Sie übrigens auch bei www.vph-airshowvideos.de), schließlich noch eine Breguet Atlantic aus Nordholz, die wegen besagter Ausmusterung natürlich besonderes Interesse genossen hat, und zum guten Schluss noch ein Tornado vom Jagdbombergeschwader 33 aus Büchel sowie einer vom JaBoG 32 aus Lechfeld. Der kam etwas verspätet und hat wenigstens am Boden noch ein bisschen Show geboten.

BO-105

EC-135

Spotter in ihrem Element...

Black Beauty...

...aus Rheine

ECR-Tornado aus Lechfeld

A-4 Skyhawk

Atlantic


Das JG 71 liegt seit über 40 Jahren hier in Wittmund und ist der NATO unterstellt. Zur Verteidigung des Luftraumes stehen zwei Phantom als bewaffnete Alarmrotte in permanenter Alarmbereitschaft. Die Aufgaben dieser QRA (Quick Reaction Alert) sind in erster Linie die Identifizierung sowie das mögliche Abfangen nicht identifizierter Flugziele.

Neben der normalen Verteidigung des Luftraumes nimmt das Geschwader einen weiteren Auftrag als Krisenreaktionsverband "Immediate Reaction Force" wahr, der unter anderem Einsätze in Krisengebieten beinhaltet. Dabei muss innerhalb weniger Tage die Verlegebereitschaft hergestellt werden können, um weltweit einsatzbereit zu sein.

***

Bevor der Flugbetrieb losging, habe ich noch einen Blick in den Traditionshangar geworfen. Da hängen zunächst ein paar teils gewaltige Gemälde an der Wand, und am Boden stehen einige wunderbar restaurierte Maschinen, z.B. eine Me-109 G6 (Bj. 1942).

Dahinter ein Fokker Dreidecker (kein Wunder im Richthofengeschwader), eine F-86 und an der Decke ein Modell eines Luftschiffs. Von 1916 bis 1920 waren hier schließlich Luftschiffe stationiert; erst vom Heer, dann von der Marine.
Das wohl berühmteste Flugzeugmuster war der Starfighter, der von 1963 bis 1974 hier in Wittmund stationiert war; die Richthofener waren damals die ersten, die mit der 104 ausgerüstet wurden.


Als die ersten Triebwerke aus Richtung der Shelter zu hören war, gab es kein Halten mehr und die Spotter stürmten zum Zaun, um sich einen guten Platz zu sichern.

Nachdem die F-4 sich auf den Weg zu ihrem Übungsgebiet Nordsee gemacht haben, um da den normalen Flugbetrieb abzuhalten, ist noch eine niederländische F-16 über die Runway gejagt, gefolgt von einer A-4 Skyhawk, die ihren Dienst als Flugzielschlepper aufgenommen hat. Diese A-4 sind eine Besonderheit in Wittmund. Bis vor einigen Jahren waren hier noch ehemals dänische F-100 anzutreffen, mittlerweile sind es Skyhawk aus ehemaligen israelischen Beständen. Die Skyhawks wurden bei Israel Aircraft Industries umgebaut und auch gewartet, das Unternehmen gehört BaeSystems.


Die Luftwaffe hat zwischen 1973 und ´75 175 Phantom II als Jäger und Jagdbomber erhalten. 40 Stück sind für die Jagdbomberrolle mit verbesserten Luftwerterechnern und Navigationsanlagen ausgerüstet worden, mittlerweile haben die Jagdbomberaufgaben vollständig die Tornados und bald die Eurofighter übernommen.
Die Phantoms sind nur noch für die Abfangjagd zuständig, und zwischen 1991 und ´96 sind 110 Stück im Programm "Improved Combat Efficiency" (ICE) kampfwertgesteigert worden. Die Verbesserung bestand vor allem aus dem aus der F-18 bekannten Bordradar APG-65, einem neuen Missionsrechner und der radargesteuerten Luft-Luft-Lenkwaffe AMRAAM. Erkennbar sind sie an der grau gefärbten Radarkuppel, aber die veralteten Schwarznasen findet man mittlerweile sowieso nirgends mehr.

Zwischendurch geriet der Flugverkehr ins Stocken, weil eine F-4 durch Verlust des Hydrauliksystems eine Fanghakenlandung durchführen musste und lange Zeit auf der Runway den Betrieb aufgehalten hat. Passiert ist Gott sei Dank nichts, aber das Resultat war, dass mehrere der gestarteten Phantom zu benachbarten Flugplätzen umgeleitet werden mussten. Das war natürlich nicht unbedingt das, was man sich an einem Fototag wünscht, aber war nun mal nicht zu ändern.


Als die letzte Maschine wieder heimischen Boden erreicht hatte, machen sich auch die 350 Enthusiasten wieder zufrieden auf den Heimweg. Wo sieht man denn noch Phantoms in freier Wildbahn und in ihrem natürlichen Lebensraum?

Ich bedanke mich stellvertretend bei denen, die diesen Tag ermöglicht haben, und Ihnen danke ich für Ihr Interesse. Auch von diesem Tag gibt es (zusammen mit dem Airday 2006 und dem Aeronautikum) eine DVD bei www.vph-airshowvideos.de.

In diesem Sinne bis bald!
Ihr und Euer
Kai Haarmann


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