Wer in Deutschland ein vernünftiges Flugzeugmuseum sucht, wird feststellen, dass er sich nicht unbedingt im gelobten Land befindet, aber er findet zumindest hier und da einige Exponate, und stellenweise sogar einiges mehr (z.B. Sinsheim, Hermeskeil, Gatow und ein paar mehr).

Wer sich in Russland auf dieselbe Suche macht, hat eine ungleich längere Reise vor sich. Der Öffentlichkeit zugängliche Luftfahrtmuseen sind extrem rar gesät, und das berühmte Museum Monino rühmt sich, mehr oder weniger das einzige seiner Art im größten Land der Welt zu sein.

Es liegt rund 40 km östlich der City. Was es aber zu einem der begehrenswertesten macht, sind die Exponate. Hier gibt's nicht alle, aber doch sehr viele der bekanntesten russischen Typen aus dem Kalten Krieg zu sehen. Viele von uns werden schon in zahlreichen Museen umhergewandelt sein und außer dem "Üblichen" bestenfalls mit viel Glück einiges aus den goldenen 50ern oder 60ern der USAF gesehen haben (was um Gottes Willen nicht abwertend gemeint sein soll).
Aber welches uns Westbesuchern zugängliche Museum hat auch nur eine Maschine aus russischen Beständen, die uns damals im Kalten Krieg den Angstschweiß auf die Stirn getrieben haben?

Hier in Monino gibt es Masse und Klasse! Ein kleiner Hinweis vorneweg: ich beschränke mich in diesem Report auf die Bezeichnung und eine kurze Beschreibung der Typen. Umfangreichere Beschreibungen würden diesen Bericht sprengen; bitte haben Sie Verständnis!

Am Haupteingang

Werbeplakate an

den Hangars


Außer den Flugzeugen im Freigelände gibt es noch ein Gebäude im Eingangsbereich und zwei Hangars. In dem Gebäude befindet sich einiges an Einzelteilen wie Motoren, Bewaffnung usw. Ein Hangar (links der Helikopterausstellung) beinhaltet zwar einige Flugzeuge, ist aber leider verschlossen; ich vermute entweder wegen Baufälligkeit des Hangars oder weil darin die Restaurierungen stattfinden. Dem Zustand der Ausstellungsstücke nach zu urteilen ist allerdings die Restaurierungsvariante weniger wahrscheinlich…

Eine weitere Halle ist geöffnet beinhaltet die ältesten Exponate. Den Anfang macht die Tupolew ANT-25 RD, die durch ihren Rekordflug von Moskau nach Vancouver bekannt wurde, dahinter steht das erste Ganzmetallflugzeug Tupolew ANT-2.
Die Maschine im Vordergrund ist die Farman HF-4. Die berühmte Iljuschin Il-2 fehlt auch nicht, genau wie die Sikorsky Ilya Muromets, ein Replika des ersten russischen viermotorigen Bombers aus 1913.

..

Links: Überblick über den Oldie-Hangar

.

Rechts: Sikorsky Ilja Muromets


Alle anderen Maschinen gehören zur Außenausstellung und sind damit Wind und Wetter ausgesetzt. Leider sieht man ihnen das auch teilweise an. Trotzdem (und damit widerspreche ich mir) macht genau das den Reiz dieses Museums aus. Sterile Flugzeuge in blankgewienerten Hallen lassen jedes Flair vermissen und könnten auch nachgebaute Replikas sein. Wäre ich ein gutbetuchter Museumsinhaber, würde ich auch versuchen, meine Maschinen bestmöglich vor den Witterungseinflüssen zu schützen und meine Ausstellung überdachen. Ironischerweise bin ich als Besucher aber froh, dass den Russen das Geld dazu fehlt und ich die Flugzeuge da sehe, wo sie hingehören: unter freiem Himmel.

Die Reihenfolge der weiteren Vorstellung mache ich davon abhängig, wie man sie auf dem Gelände findet. Weder vom Baujahr noch aufgeteilt nach Herstellern.

Beinahe unauffällig steht am Eingang eine MiG-29, die muss man sicher nicht groß vorstellen. Ihren Erstflug hatte sie 1977, in Dienst gestellt wurde sie 1983.

Sie steht unter den Schwingen des größten Hubschraubers der Welt, der Mil-Mi 12 Homer, von der nur zwei Exemplare gebaut wurden. Die erste Homer ging 1969 bei einer Landung teils zu Bruch und steht nun restauriert in den Mil-Werken, die zweite hier stellte zahlreiche Rekorde auf, unter anderem mit 44 Tonnen Nutzlast.

Auf der anderen Seite der Homer steht eine Sukhoi Su-35.

MiG-29 A

Mil-Mi 12 Homer

Su-35

.

Zur Rechten steht eine lange Reihe von Bombern, angefangen mit der Tupolew Tu-4 Bull. Als 1944 eine B-29 über Russland notlanden musste, wurde sie schlicht kopiert und zwischen 1947 und bis 1952 420 mal gebaut. Sie war zwar seinerzeit der beste russische Bomber, aber wegen ihres höheren Gewichts der B-29 unterlegen.

Dahinter findet sich die Tupolew Tu-16 Badger. Ab 1955 wurde rund 2000 Stück der Badger gebaut, ein Unterschall-Atombomber, den es in 11 Versionen gab; von der simplen A-Version mit Freifallbomben über die Antischiffs-, und Aufklärer- bis hin zur ECM-Version.

Tu-4 Bull

Tu-16 Badger

...

.

Sie wurde angesichts der verbesserten westlichen Abwehrsysteme aber zu langsam, also konzipierte man die Tu-22 Blinder. Sie flog ab 1961 mit max. Mach 1,5, hatte aber lediglich eine Reichweite von 2.200 km im Gegensatz zu 4.800 km der Badger.

Die Weiterentwicklung davon war die Tu-22 M Backfire.

Kein Bomber ist die Tu-128 Fiddler, wie uns der erste Buchstabe des Natocodes sagt. Sie ging 1968 in Dienst und ist der größte Abfangjäger, der je in Serie ging. Sie flog Mach 1,75 in 11.000 Meter Höhe, die Langstrecken Ash-Lenkflugkörper wurden speziell für die Tu-28 entwickelt.

Tu-22M Backfire

Tu-128 Fiddler

Ash-Rakete


Links der Bomberreihe waren ebenfalls hochinteressante Maschinen zu finden. Zum Beispiel die Iljuschin 28 Beagle, die gerne mit der Canberra verglichen wird. Warum wohl? Überhaupt finden sich eigentümlicherweise einige Flugzeuge in russischen Beständen, die ihren westlichen Gegenstücken aufs Haar gleichen. Aber das ist nun wirklich kein Geheimnis, das die besten (unfreiwilligen) Entwickler russischer Waffensysteme in den USA oder wie bei der Il-28 in England saßen.


Das nächste Monster ist die Myasishchyev M-50 Bounder. Die Maschine ging nie in Dienst, hatte ihren Erstflug 1960, und das Grundkonzept des Mach 1,8 schnellen Bombers ging wohl auf die B-58 Hustler zurück. Die Reichweite betrug rund 6.000 km.

Il-28 Beagle

M-50 Bounder

.

Dahinter steht eine in den Flugleistungen noch eindrucksvollere Maschine. Die Sukhoi T-4 bzw. T-100 mit den Doppeldeltatragflächen ist der XB-70 Valkyrie nachempfunden, flog Mach 2,8 und sollte frei fallende Atombomben tragen. Der Erstflug war im August ´72, aber sie wurde nie in Dienst gestellt. Es ist von den Materialien her das teuerste Flugzeug was je gebaut wurde, da es zum größten Teil aus Titan besteht.

Fast unbeachtet hinter einem Gebäude steht ein Agrarflugzeug Midec M-15 Belphegor.

T-4...

...komplett aus Titan

M-15

.

Zwischen den beiden vorhin erwähnten Hangars befindet sich die Ausstellung der Helikopter. Am Anfang steht eine Yak-24 Horse mit ihren Doppelrotoren, dahinter ist eine Boeing Vertol, eines der wenigen ausländischen Stücke im Museum. Daneben steht eine Mi-4, der Nachbau der Sikorsky S-55.

Die nächste Reihe zeigt die ursprüngliche Mi-24 A sowie die uns bekanntere Mi-24 B Hind, auch "Rambocopter" genannt. Bei den Hubschraubern ist die Hind sicher der Inbegriff der östlichen Bedrohung, obwohl die Optik sicher hauptsächlich dazu beigetragen hat; die Technik war gar nicht so überragend.

Yak-24

Mil-Mi 24 A

Mil-Mi 24 B



Neben der Mi-24 eine Mi-8 Hip. Sie und ihre Nachfolgemuster stehen noch in zahlreichen Ostländern als Transporthubschrauber im Dienst.
Im Hintergrund führt ein Kamov 26 ein einsames Dasein. Er steht im Schatten der Mi-10 Harke; sie wurde fliegender Kran genannt und benutzte dieselben Triebwerke und Rotoren wie die Mi-6. Die Entwicklung geht zurück bis ins Jahr 1960.

Mil-Mi 8

Kamov-26 (rechts)

Mil-Mi 10


Ebenfalls im Hintergrund eine Mi-6 Hook, von dem Typ stehen noch zwei weitere auf dem Gelände: hier ein Exemplar der Mi-6 der Luftwaffe mit den üblichen Flächen hinter dem Rotorkopf, daneben steht eine Hook in der Feuerlöschvariante ohne die Flächen.

Von der Hook geht der Blick auf die Mi-26 Halo, den derzeit größten aktiven Helikopter, der wegen seines 8-Blatt Rotors 66 % mehr Nutzlast tragen kann. Kein westlicher Hubschrauber kommt auch nur annähernd an die Leistungen der Mi-26.

Mil-Mi 6

Mil-Mi 6 (Feuerlöschversion)

Mil-Mi 26

So, wieder zurück zu den Flugzeugen. Wir machen weiter bei der Tu-2, dem besten Frontline Bomber der Russen im 2. Weltkrieg. Höchstgeschwindigkeit 550 km/h bei einer Reichweite von 2.100 km.
Von 1947 ist die Yak 23, eine Weitentwicklung der Yak-17.
Dann folgt folgt der Allwetter- und Nachtabfangjäger Yak-25 aus dem Jahr 1955.

Tu-2

Yak-23

Yak-25


Die grüne Maschine im Hintzergrund ist eine Lisunow Li-2, ein Lizenznachbau der DC-3, davor die Tu-95 Bear. Gebaut von 1952 bis Mitte der Achtziger war sie extrem erfolgreich, hat die stärksten Turbopropmaschinen, die je in ein Flugzeug eingebaut wurden und 15.000 km Reichweite.

Nebenan eine Aufklärungsdrohne von Tupulew, die M-141.

Die MiG-105 wurde in Zusammenarbeit mit Tupolew und Korolew entwickelt. Es handelt sich um ein "Übungsraumschiff" für Kosmonauten aus den späten Sechziger und Siebziger Jahren. Es absolvierte allerdings nur acht Testflüge, danach wurde das Projekt eingestampft. Die Erkenntnisse daraus flossen später in den Bau der Buran.

Tu-95 und Li-2

M-141

MiG-105


.

Hier beginnt nun die MiG-Flotte, angefangen bei der MiG-9 über MiG-15, MiG-19, MiG-21, MiG-23, MiG-25, MiG-27 bis hin zur MiG-31.

Die MiG-31 und die MiG-25 wurden konzipiert, um Maschinen wie der SR-71 etwas entgegenzusetzen zu haben, aber die Höchstleistungen von Mach drei waren nur kurzfristig zu halten und daher ist ihnen die Blackbird grundsätzlich entwischt.

MiG-9

MiG-15

MiG-23

MiG-25

MiG-31


Wir kommen nun zu der Yak-27, direkt daneben die Yak-28, einem Allwetterabfangjäger, der erstmals 1961 gesichtet wurde.

Die dicke Doppelnase gehört der Yak-36 Freehand.

Yak-27

Yak-28

Yak-36


Die blaue Maschine ist die Yak-38 Forger, ein Senkrechtstarter für den Einsatz auf Trägern.
Ebenfalls Senkrechtstarter ist die Yak-141 Freestyle von Anfang der Achtziger. Sie fliegt rund 1.800 km/h und hat 12 Rekorde nach Russland geholt, die vorher vom Harrier gehalten wurden.
Zwischendurch liegt immer wieder mal eine Menge Schrott in der Gegend, für den mancher Flugzeugliebhaber mit Kusshand ein Eckchen im Garten freimachen würde. Aber da stehen die Chancen eher schlecht.

Yak-38

Altlasten...




Die Sukhoi Familie war von der Su-9 bis zur Su-35 ebenfalls nahezu komplett vertreten. Sukhoi ist die einzige hier vertretene Firma, die jährlich einige Rubel für die Pflege der Ausstellungsstücke springen lässt, und so sind sie alle in etwas besserem Zustand als die übrigen.

Eigentlich war es verboten, über die Zäune zu hüpfen und Erinnerungsfotos zu schießen, aber bei so charmanten Photomotiven haben die Wachleute gerne mal mehrere Augen zugedrückt.

Damit kommen wir zu den Transportern. Dieser Riesenvogel ist die An-22 Cock. Bei ihrer Indienststellung in den Sechzigern war sie das größte Flugzeug der Welt. Mit 83 Tonnen Fracht kann sie 5.000 km weit fliegen, hat 60.000 PS, ist 58 Meter lang und 65 Meter breit.

Sukhoi mit Mädel

Suchbild: MiG-29

An-22


.

Den rechten Rand der Reihe bilden zwei Antonow-12 Cub, einer der ehemaligen Standardtransportern des Warschauer Pakts, vergleichbar mit der Hercules. Dahinter steht ein Hydrofoil, ein Fahrzeug, was über dem Wasser schwebt und dabei den Bodeneffekt ausnutzt. Die Vorteile waren hohe Geschwindigkeit, unangreifbar mit Torpedos und relativ hohe Zuladung. Bei dem teilzerstörten Exemplar fehlen leider schon die Flächen.

An-22

An-12

Hydrofoil



Hinter der Nase der Cock sehen wir die Tu-114 Russiya, die zivile Variante der Tu-95 Bear. Es ist die größte zivile Propellermaschine mit einer Kapazität für 220 Passagiere. Sie hält immer noch den Geschwindigkeitsrekord für Turbopropflugzeuge. Wenn Sie mal zum Domodedowo Airport kommen, sehen Sie ein weiteres Exemplar, das ein bisschen besser in Schuss ist als dieses.

An-22 Nase plus Tu-114

Tu-114

Tu-114


Weiter hinten steht eine Iljuschin 18, daneben eine arg demolierte Tu-124.

Ein Passagierjet aus den Sechzigern ist die Iljuschin Il-62, äußerlich ähnlich der VC-10 (die lange Zeit in der militärischen Variante noch bei der RAF in Diensten stand), aber nichtsdestotrotz eine komplett eigenständige Konstruktion.

Il-18

Tu-124

Il-68



Das Ende des Geländes ist nicht für die Öffentlichkeit freigegeben. Die Maschinen hier hinten sind alle für die Verschrottung freigegeben. Vor ein paar Jahren noch war hier die fünffache Menge an alten Maschinen, man baut alles langsam aber sicher ab. Eine Schande ist das. Hier noch ein paar Eindrücke vom Abenteuerspielplatz für Große.

Schrott: MiG-23

Schrott: MiG-25

Schrott: MiG-25

Schrott: Yak-27

Schrott: Yak-27

Su-25 und Tu-144

Tu-144


Mit der Su-25 Frogfoot und der Tu-144 "Concordski" dahinter geht der Rundgang durch Monino dem Ende zu. Es wäre sicher noch einiges zu zeigen gewesen, aber irgendwo muss man halt Prioritäten setzen. Ich denke, als Überblick hat es ausgereicht, und ich kann sowieso nur jedem wärmstens empfehlen, sich diese einmaligen Exponate einmal life anzusehen.


Ihr und euer
Kai Haarmann


Startseite

Navigation