Die Wehrtechnische Dienststelle hatte zu ihrem 50-jährigen Jubiläum ihre Pforten geöffnet, und schon früh am Morgen sind die Massen geströmt. Immerhin rund 95.000 Zuschauer haben sich im Laufe des Tages eingefunden, und bevor die Flugvorführungen kurz nach Mittag begannen, hatten alle noch ausgiebig Gelegenheit, sich am Boden zwischen den ausgestellten Maschinen umzusehen.

Das waren AWACS, Tiger, Lynx, CH-53, Bo-105, EC-135 und Transall, des weiteren auf einem anderen Areal ein MedEvac Airbus der Luftwaffe, daneben der NH-90 Transporter. Vor der Halle standen vier Maschinen der WTD: eine F-4F mit separat ausgestellter Bordkanone, daneben eine Su-22, natürlich die F-104 mit der Last Flight Bemalung vom 22. Mai 1991 (die steht normalerweise als Ausbildungsobjekt in der Lehrwerkstatt), eine Fiat G-91 und ein Alpha Jet.

Im Hangar standen einige Helikopter sowie eine Reihe sehr schöner Modellflieger.

Lynx

Tiger

CH-53

NH-90

MedEvac

G-91 "Gina"

F-104

"Last Flight"

F-4F

Su-22


Im linken Teil des Hangars gab es eine kleine Waffenschau sowie interessante Vorführungen von Tornado und Phantom, wobei die beweglichen Teile demonstriert wurden; beim Tornado die Schwenkflügel und der Luftbetankungsstutzen, bei der aufgebockten Phantom Fahrwerk und Leitwerk; sieht man auch nicht alle Tage.

EF-2000

Tornado mit Arsenal

Taurus

HOPE




Am Ende des Platzes stand eine Phantom in der Bemalung der Achtziger. Diese Maschine flog zum letzten Mal am 11.09.2001. Enttäuscht waren die Besucher, dass die heiß ersehnte FW-190 der Firma Flugwerk trotz Ankündigung wegen Fahrwerksproblemen leider doch nicht in der Luft zu sehen war, und auch die Me-262 musste sich dem Zipperlein geschlagen geben. Sehr schade, aber ließ sich nicht ändern.

Phantom im alten Farbschema

FW-190



Die Aufgaben der WTD 61 sind Flugerprobung und Systemzulassung; auch in Zukunft wird den Manchingern diese Schlüsselrolle zukommen.

Ihre Geschichte begann fast auf den Tag genau vor 50 Jahren am 1. Oktober 1957 in Oberpfaffenhofen als Erprobungsstelle. Getestet werden sollten Flugzeuge, Hubschrauber, Triebwerke, Lenkflugkörper sowie Boden- und Bordausrüstung.

Es wurde aber relativ schnell klar, dass das Areal dort für die Bedürfnisse zu klein und die Infrastruktur zu schlecht war. So hat man sich für einen Umzug nach Manching entschieden, wo man auch wesentlich näher an den Industriestandorten von EWR und MBB, heute EADS war; vorher mussten aber noch etliche bauliche Veränderungen auf dem 900 ha großen Gelände vorgenommen werden, hauptsächlich eine neue 3,6 Kilometer lange und 60 Meter breite Startbahn und jede Menge Gebäude. Das alles kostete Zeit, und so fand der Umzug erst 1965 und ´66 statt.

Bereits 1962 wurde eine Außenstelle der WTD in Istres in Südfrankreich eingerichtet. Dort sollten alle die Aufgaben durchgeführt werden, die in Deutschland aus Platz- oder Wettergründen nicht möglich waren, z.B. Schieß- und Abwurftests und Waffensysteme von Hochleistungsflugzeugen.

Anfangs gehörte eine kleine Luftflotte zur Erprobungsstelle, die heute jedem Enthusiasten das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt: S-58, Starfighter, Noratlas, Fiat G-91, Fouga Magister, T-33, Do-27, Canberra und einiges mehr. Spektakulärster Test war sicher 1966 der raketenunterstützte Start aus dem Stand einer F-104, der Zero Length Launch.
1967 waren 111 Flugzeuge im Besitz der Erprobungsstelle, darunter alleine 23 Starfighter. Das ist der höchste Stand, der je erreicht wurde.

Mitte der Siebziger war alles einsatzbereit und die Fachkräfte waren ausgebildet, um rund 35 bei der Bundeswehr im Einsatz befindlichen Flugzeuge oder solche, die es sollten, zu testen. Damals war man kurz vor der Einführung der Phantom, und auch die Projekte Alpha Jet und Tornado waren in der heißen Erprobungsphase.

Im Laufe der Zeit erweiterte sich der Aufgabenbereich von der reinen Erprobung bis hin zur Einführung bei der Truppe, und so änderte sich auch die Bezeichnung von Erprobungsstelle in Wehrtechnische Dienststelle.

Bei der Zusammenlegung der Bundeswehr mit der NVA explodierten kurzzeitig die Aufgaben, die wichtigsten Projekte waren die Tests von 4 MiG-29, 5 Su-22 und 4 Mi-24. Die MiG wurde, wie wir alle wissen, nach durchgehend positiven Tests in Bezug auf Leistung, Wartbarkeit und Kostenentwicklung von der Luftwaffe übernommen, die Sukhoi dagegen nicht, sie wurde bei der WTD allerdings bis Oktober ´98 noch als Erprobungsträger für Waffen und andere Projekte verwendet. 1999 wurde der neue Tower spendiert, immer noch einer von Europas modernsten. 63 Meter hoch, 3000 Tonnen schwer. Im August 2004 wurde die Außenstelle Istres aufgelöst.

Wenn man die heutigen Aufgaben der WTD beschreiben will, greift man am besten auf den offiziellen Text der Informationsbroschüre zurück: es sind die Erprobung, Bewertung, Analyse, Qualifizierung, Musterprüfung und Musterzulassung von Luftfahrzeugen, ihrer anlagen und Systeme, ihrer Ausrüstung und Bewaffnung sowie von Bodendienst- und Prüfgeräten im Hinblick auf einwandfreie Funktion, Leistung, Genauigkeit, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Wirksamkeit. Alles klar soweit?

Jedenfalls kommt kein Flugzeug oder Waffensystem der Luftwaffe in Einsatz, bevor es nicht hier ausgiebig getestet worden ist; neuestes und größtes Projekt ist natürlich der Eurofighter, aber auch die Hubschrauber NH-90 und Tiger, eine Transall mit erweitertem Selbstschutzsystem, Abstandsflugkörper Taurus, Luftbetankung von Tornado zum Eurofighter, Hochleistungs-Penetrator am Tornado und sehr vieles mehr; die Auftragsbücher sind prall gefüllt. Nicht zu vergessen wird auch der Nachfolger für die Transall, der A-400M in absehbarer Zeit hier getestet werden, die Zukunft des Standorts ist also auf jeden Fall gesichert.

Die EADS fertigt in Manching sowohl das Rumpfmittelstück des Eurofighter und nimmt auch die Endmontage vor. Dazu kommen Flugerprobung und die Betreuung der bei der Luftwaffe eingesetzten EF-2000.

Das aktuelle Besitztum der WTD ist allerdings trotz zahlreicher Aufgaben sehr übersichtlich und umfasst lediglich Transall, Tornado, Phantom, Ch-53, Bell UH-1D, BO-105 und Tiger.



Das Hauptaugenmerk der Zuschauer war natürlich auf die beiden sonderlackierten Jets der WTD gerichtet. Einige haben sich befremdlich geäußert, warum es denn ausgerechnet diese Farbe sein musste, da gäbs doch auch schönere. Die Erklärung ist schlicht und ergreifend, dass dieses orange die allgemein gebräuchliche Kennung für Flugtests ist. Erprobungseinbauten, -anbauten inklusive der dazugehörigen Verkabelung sind in genau diesem Orange gehalten.
Und nebenbei bemerkt haben die beiden Maschinen am blauen Himmel richtig schön ausgesehen. Als Gimmick haben die Lackierer auf beiden Maschinen noch Formeln aus der Flugphysik angebracht. Der Schriftzug "50 Jahre Flugerprobung" sowie der Spooky waren nur im Flug zu sehen.

Mit einer kleinen Flaggenparade hat die Bell UH-1 D die Show eröffnet.

Im Flugprogramm wurde sehr leise, aber eindrucksvoll fortgefahren, denn eine Me-163 kriegt man nun wirklich nicht oft geboten. Die Me-163 war im zweiten Weltkrieg auf beiden Seiten berüchtigt: die Bomberpiloten haben sie gefürchtet wegen ihrer immens hohen Geschwindigkeit, die Messerschmitt-Piloten wegen des explosiven Treibstoffs, der oft Opfer bereits am Boden gefordert hat. Hier ist das Kraftei aber nur als Segler unterwegs gewesen, eine Do-27 hat sie auf die Ausklinkhöhe geschleppt.


Bell UH-1 D

Me-163

Als nächstes flog die Bf-108 Taifun ihre Runden, wobei der Name doch mehr Erwartungen weckte, als die Maschine letztlich halten konnte. Die 108 war damals als Schulungs- und Reiseflugzeug unterwegs.

Für Enthusiasten ein Highlight war die Vorführung der Bf-109 G-10. Am Knüppel saß wie öfter an diesem Tag Walter Eichhorn. Es war eine tolle Vorführung, der DB605 hatte einen satten Klang. Auf der G10 werden zwar auch sein Sohn Toni und Klaus Plasa geschult, aber vorgeflogen wurde sie bisher nur von Walter. Von der Bf-109 gibt es glaube ich nur 4 flugfähige Exemplare weltweit, von der Bf-108 immerhin noch etwa ein Dutzend, die Me-163 ist einzigartig.

Me-108

Bf-109

Die quietschgelbe AT-6 hat die Vorführung der Oldies beendet; sie gehört der Firma Flugwerk, am Knüppel saß Claus Colling.

Die Transall zeigte bei ihrem ersten Auftritt den Lastenabwurf in niedriger Höhe.
Der Lastenabwurf ist recht selten zu sehen, aber mindestens genauso interessant war die Landung, bei der der Pilot die Nase sehr lange oben gehalten hat. Bei Jägern sieht man das ja ab und zu, bei einem Transporter war mir das absolut neu. Hut ab vor der Besatzung!

AT-6

Transall

Nun folgte ein recht umfangreicher Teil Hubschrauber. Den Anfang hat ein EC-135 gemacht. MBB hatte seinerzeit auf Basis der Bo-105 die Bo-108 entwickelt; dazu sind Fly-by-wiresteuerung, gelenk- und lagerloser Hauptrotor und eine Zelle aus GFK; die Franzosen haben den ins Leitwerk integrierten Heckrotor beigesteuert, und in dem neuen Konsortium Eurocopter war die Grundlage des EC-135 geboren. Seinen Jungfernflug hatte er im Februar 1994. Richtungsweisend ist auch sein Vibrationsdämmungssystem ARIS, wodurch er besonders geräuscharm wird.

Die EC-145 ist nichts anderes als die BK-117 C2, einer Gemeinschaftsentwicklung von Bölkow und Kawasaki aus den Achtzigern. Sie hat die gestrecktere Kabine einer 135, aber den nach wie vor freiliegenden Heckrotor der BK-117. Der Hauptrotor wurde verbessert, und im Dezember 2000 gab's die Typenzulassung. Die militärische Variante wird als UH-145 vom US-amerikanischen Heer als Ersatz für das abgebrochene Comanche Programm gebaut; daher stammt auch die Bezahlung dafür.

EC-135

EC-145

Wir kommen zum NH-90. Mitte der Achtziger haben Frankreich, Deutschland, Italien und die Niederlande den Startschuss für die Entwicklung eines modernen Transporthubschraubers mit Kampfeigenschaften gegeben. Eigentlich wollten die Briten auch mitmachen, haben sich dann aber für die Entwicklung des Merlin entschieden. Erstflug des NH-90 Prototypen war im Dezember 1995, Die Auslieferung der ersten zwei Maschinen für die Bundeswehr ist im Dezember 2006 erfolgt. Der NH90 wurde so konzipiert, dass er aus einem Basis-Hubschrauber besteht, der modular aufgebaut ist und derzeit in zwei Versionen existiert. Als Tactical Transport Helicopter dient er dem Transport, SAR, als fliegende Einsatzzentrale und der elektronischen Kriegsführung, als NATO Frigate Helicopter bekämpft er U-Boote und Schiffe mittels Bomben und Raketen.
Bestellungen liegen aus derzeit 14 Ländern vor, wobei die Marineversionen momentan noch in Planung sind.

Die CH-53 G hatte auch eine, aber wesentlich bescheidenere Sonderbemalung; sie hat sich beschränkt auf den Schriftzug WTD61 und die Jahreszahlen 1957 - 2007. Die spitze Nase ist übrigens kein Tankstutzen, wie manch einer vermutet haben mag, sondern lediglich eine Halterung für diverse Testsysteme.
Die CH-53G ist die Variante für die Bundeswehr und basiert auf der technisch verbesserten D-Version für das US Marine Corps. Bei der Bundeswehr hatte das 35. Heeresfliegerregiment 35 in Mendig die CH-53 1973 als erstes bekommen. Die ersten beiden Maschinen kamen von Sikorsky, 20 Stück vom Konsortium VFW Fokker, der Rest wurde in Deutschland gefertigt.

NH-90

CH-53 G


Die Bo-105 war lange Zeit die Speerspitze der Panzerabwehr beim Heer. Er wurde seit seiner Einführung mehrmals modernisiert, zum Schluss war sogar vorgesehen, 54 Stück als Begleitschutzhubschraubern mit vier Stinger Luft-Luftraketen auszurüsten. Deutschland hat sich seinerzeit 304 Maschinen geleistet, aber sie fliegen auch in 17 weiteren Ländern, unter anderem wurden sie auch in den Irak geliefert. Bei den Airshowfreaks ist Charly Zimmermann unvergessen, der in den Achtzigern eine Meisterschaft und einen Rekord nach dem anderen gewonnen mit der BO.

Der EC-505 Tiger gewinnt nicht unbedingt einen Schönheitspreis, das hat er mit dem Eurofighter gemeinsam, aber technisch gesehen macht ihm im Moment kaum einer was vor. Das deutsch-französische Programm wurde 1984 ins Leben gerufen, seinen Jungfernflug hatte der Tiger im April 1991. Die beiden Versionen unterscheiden sich geringfügig, zum Beispiel durch ein Longbowradar bei der deutschen, dafür eine 30mm Kanone bei der französischen Variante.
Da beide Länder bis Mitte der Achtziger lediglich umfunktionierte Transporthubschrauber wie z.B. die Bo-105 oder die Gazelle als Panzerabwehrhubschrauber hatten, sollte diese Lücke endlich geschlossen werden. Das ist mit dem Tiger bestens gelungen, und mit ihm können nicht nur Panzer vernichtet, sondern auch andere Hubschrauber bekämpft werden.

Die Bewaffnung der französischen Version hängt an 4 Stationen und besteht aus ungelenkten Raketen und 4 Mistral Luft-Luft-Raketen, sein Visier befindet sich am Cockpitdach, außerdem hat er einen Geschützturm mit 30mm-Kanone.

Der deutsche kann sich ungelenkte Raketen, PARS 3LR Langstreckenpanzerabwehrraketen und für den Luftkampf Stinger Raketen mitführen. Für den Nahkampf können 12,7 mm MG's an den Stummelflügeln befestigt werden. Außerdem hat er ähnlich dem amerikanischen Longbow ein Sichtgerät am Mast oberhalb des Rotors, darin sind Ortungsgeräte, Beobachtungs- und Zielerfassungseinrichtungen.

Die selbstabdichtenden Tanks sind wie die Rotorblätter gegen MG-Beschuss unempfindlich und die Maschine ist so perfekt abgedichtet, dass sie in a, b oder c-verseuchtem Gebiet trotzdem einsetzbar ist.


Bo-105

Tiger

Zum Schluss gab es noch mal eine schöne Formation von Bo-105, Tiger, UH-1D und CH-53. Die anderen drei durften nicht mitspielen, weil sie nicht zur WTD gehören.

Im Anschluss wieder Claus Colling, diesmal im Cockpit einer Fouga CM-170 Magister. Auch sie gehört der Firma Flugwerk.

Höhepunkt der Flugvorführungen waren natürlich die Jets. Es gab Solodisplays der beiden bunten Kühe und eines Eurofighter; außer den drei genannten sind noch zwei Tornados im Luftwaffenfinish gestartet. Sie haben im späteren Verlauf zwei Vorbeiflüge mit simulierter Buddy-Buddy Betankung gezeigt. Eine Maschine gehört nach Manching, die andere zum JaBo 31.

Die Besatzung des Jubel-Tornados war Pilot Rüdinger und sein Waffensystemoffizier Pusch.


Damit war die kleine, aber feine Flugshow in Manching zu Ende.


Eigentlich sollten die Besucher mehr oder weniger zügig das Areal verlassen, aber die Stimmung und das Wetter waren so gut, dass sich noch viele Zuschauer zu mehreren Absackern niedergelassen haben; das Personal hat sich sehr entgegenkommend gezeigt und keine Hektik aufkommen lassen.


Als die letzte Maschine wieder heimischen Boden erreicht hatte, machen sich auch die 350 Enthusiasten wieder zufrieden auf den Heimweg. Wo sieht man denn noch Phantoms in freier Wildbahn und in ihrem natürlichen Lebensraum?



An dieser Stelle stellvertretend für viele tausend begeisterte Besucher ein ganz herzliches Dankeschön an die WTD für einen wunderschönen Tag, wo im Rahmen der Möglichkeiten wirklich viel gezeigt wurde.
Es bleibt wirklich nur zu hoffen, dass wir uns in fünf Jahren wieder hier treffen können und dass nicht in der Zwischenzeit ein Mensch vom Schlage eines Herrn Stieglitz hier das Sagen hat, der als Spaßbremse auch noch den letzten Rest Jet-Airshowfeeling verbietet.

Eine DVD der Veranstaltung gibt es wie gewohnt bei VPH-Airshowvideos.

Ich danke Ihnen für Ihr Interesse, wünsche Ihnen alles Gute bis zum nächsten Mal und bleibe

Ihr und Euer Kai Haarmann


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