Wir befinden uns auf der
RAF Basis Coningsby, wo unter anderem die Battle of Britain Memorial Flight
untergebracht ist.
Der Blick auf die Gateguards
lässt nicht vermuten, dass sich in einem der Hangars eine der eindrucksvollsten
Sammlungen flugfähiger WWII Maschinen befindet, hier wird eher auf moderne
Jets gesetzt.
Zunächst werfen wir einen Blick in den Hangar, wo sowohl RAF Angehörige
als auch ehrenamtliche Zivilisten daran arbeiten, die Maschinen der BBMF flugfähig
zu halten. Gerade während der Airshowzeit im Sommer leisten die Leute
unzählige Überstunden, damit wir Fans auf unsere Kosten kommen.
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Die BBMF hat mehr Flugzeuge als
hier zu sehen sind, insgesamt fünf Spitfires, zwei Hurricanes,
zwei Chipmunks, die Dakota und die Lancaster. Flugbewegungen haben
aber an diesem ganz gewöhnlichen Dienstag nur einige stattgefunden.
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Das Jahr 2005 war für die BBMF sehr ereignisreich, weil zahlreiche Überflüge
und Vorführungen aus Anlass des 60. Jahrestages vom Ende des 2. Weltkrieges
und 65. Jahrestag der Luftschlacht von England geflogen wurden. Highlight war
dabei sicher die Luftparade am 10. Juli über dem Buckingham Palace, wo
eine Million Mohnblüten im Andenken an die Gefallenen des 2. Weltkriegs
abgeworfen wurden.
Es ist nicht nur eine Display-Einheit
für Flugshows, sondern es ist in erster Linie Ziel, die Maschinen flugfähig
als das zu behalten, was sie sind, und nicht als stumme Ausstellungsstücke
in Museen. Dabei müssen aber unzählige Dinge bedacht werden: die
Anzahl der zulässigen Flugstunden, Motordrehzahlen, G-Belastungen, Personaleinsatzpläne
für die wenigen Piloten mit entsprechender Lizenz und vieles mehr.
Die Geschichte der BBMF:
1957 wurde die Vorläufervereinigung in Biggin Hill gegründet, die
Historic Aircraft Flight mit einer Hurricane und drei Spitfires.
Es folgten Umzüge nach North Weald, Martlesham, Horsham, Coltishall und
schließlich Coningsby, und zwischendurch wurden immer wieder Maschinen
dazugekauft, manche aber auch abgegeben.
Die Vorführungen lagen bis Mitte der 60er bei rund 50 - 60 jährlich.
Ab da stiegen sie kontinuierlich an, für das Jahr 2005 gab es bereits
über 850 Anfragen, und letztlich stand die Teilnahme an 126 Vorführungen
und 304 Überflügen im Logbuch vor geschätzten 6 Millionen Zuschauern.
Die C-47 Dakota wurde 1942
für die United States Air Force gebaut, letztlich aber von den Kanadiern
bis 1971 eingesetzt. Sie wurde dann vom Royal Aircraft Establishment in Farnborough
gekauft, von der Nachfolgeorganisation Defence Research Agency übernommen
und hauptsächlich für Fallschirmsprünge und Bodenausstellung
auf Flugshows genutzt.
1993 wurde sie der BBMF
überstellt und diente nicht nur zur Vorführung, sondern transportierte
während der Saison auch die Bodenmannschaft und Material. Im Winter halten
sich die Besatzungen der Lancaster mit der Dakota in Form.
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2004 wurde sie innen in den originalen
Zustand als Fallschirmjägermaschine umgebaut. Sie fliegt in den
Farben der 267. Pegasus Staffel, die 1943 und '44 im mittleren Osten
eingesetzt war. Ihre Aufgabe war u. a., Widerstandskämpfer hinter
den feindlichen Linien abzusetzen. Über 2.000 Dakota wurden alleine
bei der Invasion eingesetzt. |
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Wir hatten nur auf ein bisschen klareres
Wetter gewartet, und dann ging es in den Himmel von Lincoln County. Die Dakota
hat als besonderen Kick eine ausgebaute Tür, ist also nichts für
Leute mit ausgeprägtem Schwindelgefühl. Man sitzt nicht wirklich
bequem, aber das dürfte jedem der Glückspilze ziemlich egal sein.
Angeschnallt und seitlich
zur Flugrichtung geht's ab. Es herrscht ein Höllenlärm während
des Fluges.
Wer Lust hatte, konnte sich
von unserem Loadmaster mit einem Gurt an der Schiene befestigen lassen, wo
sich normalerweise die Fallschirmjäger einhaken und dann so ausgerüstet
an die offene Tür stellen.
Unser Ziel des rund 50-minütigen Fluges
war Lincoln mit seiner berühmten Kathedrale, dann ging es gemütlich
wieder Richtung Heimat.
Das Flaggschiff bleibt die
Avro Lancaster; sie ist eine von zwei verbliebenen flugfähigen Exemplaren
dieses schweren Bombers von 7377 gebauten. Die andere fliegt in Kanada. Sie
wurde Mitte 1945 fertig gestellt und sollte Einsätze gegen Japan fliegen,
aber für den Krieg kam sie zu spät, so wurde sie als Aufklärer
in Afrika eingesetzt.
Nach ihrer Rückkehr
nach England sollte sie ursprünglich als ferngesteuerte Drohne umgebaut
werden, man hat sich aber kurzfristig für ein anderes Muster entschieden,
und so war sie für verschiedene Museen vorgesehen, bevor man sie 1965
nach Waddington flog, von sie von Grund auf überholt wurde. 1973 war sie
in weitaus besserem Zustand und wurde der BBMF übergeben, wo die Restaurierung
weiter ging. Mittlerweile ist sie so weit abgeschlossen, dass man mittelfristig
um ihren Zustand keine Sorgen haben muss.
Im Jahr 2000 bekam sie eine
neue Lackierung der 61. Staffel aus Skellingthorpe als "Mickey the Moocher".
Abgesehen von der Royal
Air Force bekommt die BBMF Geld von der Lancaster Association, einer privaten
Vereinigung mit dem Ziel, die Maschinen der Nachwelt zu erhalten.
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Die Piloten der
Lancaster und Dakota sind die Squadron Leader Stuart Reid und Paul
Moss sowie die Flights Lieutenants Mike Leckey, Ed Straw, Jim Baddeley
und Miles Davey. Den Navigatorenjob teilen sich Dick George, Andy Marson,
Jeff Hesketh, Bill Williams und Dave Chadderton.
Chef der BBMF ist Clive Rowley.
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Die Angehörigen der
Einheit sehen ihren Dienst als Passion, nicht einfach nur als Arbeitsplatz.
Wir deutsche beobachten so was immer nur durch das Glas einer Käseglocke,
bei uns wird alles, was irgendwie an Tradition erinnern könnte, gnadenlos
niedergemäht; die Vergangenheitsbewältigung. Ich kann das alles nicht
mehr hören, dieses zu Kreuze kriechen vor Dingen, zu denen unsere ehemaligen
Gegner ein ganz anderes und problemloseres Verhältnis haben. Immer wieder
werde ich im Ausland gefragt, worin das deutsche Verhalten über 60 Jahre
danach noch begründet ist, warum es überhaupt erwähnenswert
ist, dass man beim Fußball deutsche Fahnen schwenkt und all diese Dinge.
Ich kann nur immer entgegnen, dass der Durchschnittsdeutsche keineswegs so
ist, aber unsere Politiker Gefallen daran finden, vor allem und jedem auf den
Knien zu rutschen und dabei den Eindruck nach außen verfälschen.
Es gibt gewisse Tabuthemen, bei denen vor der entsprechenden Lobby grundsätzlich
gekuscht wird. Israel darf nicht kritisiert werden, wobei scheinbar niemandem
der Unterschied zwischen israelischer Außenpolitik und jüdischer
Religion auffällt, und Flugshows sind generell zu verurteilen. Wer trotzdem
dafür spricht, ist automatisch ewig gestrig und unbelehrbar. Es gehört
zum guten Ton, dagegen zu wettern, daher haben wir Flugzeugfans in diesem unseren
Vaterland nichts zu melden; wir sind schließlich alle nur Kriegstreiber,
die sich am Anblick martialischen Kriegsgeräts weiden. Was würden
diese geistigen Mitschwimmer wohl davon halten, wenn sie sähen, wie wir
uns sogar am Kriegsgerät des ehemaligen Kriegsgegners erfreuen?
Ich für meinen Teil
kann nur sagen, dass ich von den britischen Kameraden hier sehr herzlich aufgenommen
wurde und sich alle über mein Interesse an ihrer Staffel gefreut haben.
Coningsby ist zwar die Heimat der BBMF,
aber in erster Linie natürlich eine aktive Royal Air Force Basis, daher
machen wir nun einen kurzen Rundgang durch die Jets. In Deutschland hatte Laage
lange Zeit einen Sonderstatus, weil innerhalb eines Geschwaders zwei verschiedene
Flugzeugtypen geflogen wurden, in Coningsby sind es ein paar mehr. Der modernste
ist natürlich der Eurofighter, hier war auch die erste voll ausgerüstete
einsatzbereite Eurofightereinheit.
Neben den regulären
Jagdstaffeln mit hohem Ausbildungsanteil auf Eurofightern nimmt sicher die
Fast Jet and Weapons Operational Conversion Unit einen Sonderstatus ein. Die
Einheit wurde am 1. April 2004 gegründet, hier werden neue Systeme entwickelt
und getestet auf Jaguar, Harrier, Tornado F3 und GR4, also die Luftverteidigungs-
und Bodenangriffsvariante. Zusammen mit den Eurofightern sind demzufolge fünf
verschiedene Typen am Platz, das dürfte einmalig sein. (Dieser Bericht
entstand 2005, mittlerweile sind die Jaguars schon Geschichte, demnächst
auch die F3). Die Einheit wurde zusammengelegt aus der Strike/Attack Operational
Evaluation Unit aus Boscombe Down, der Air Guided Weapons Operational Evaluation
Unit aus Valley und der bereits vorher hier ansässigen Tornado F3 Operational
Evaluation Unit.
Der Flugplatz Coningsby
wurde kurz vor dem Ausbruch des 2. Weltkriegs fertiggestellt. Stationiert waren
Bomber, die berüchtigten Dambusters, die unsere deutschen Talsperren mit
Spezialbomben zerstört haben. Danach folgten Lincolns, Mosquitos und schließlich
Canberras. Von 1962 bis ´66 waren Vulcan Bomber hier beheimatet, bevor
anschließend umgestiegen wurde auf Jagdflugzeuge. Es herrschte eine Zeit
lang Unsicherheit, als das TSR-2 Projekt gecancelt wurde, danach hielten die
Phantoms Einzug und die Basis wurde 20 Jahre lang das Ausbildungszentrum für
F-4 Besatzungen. Als nach 20 Jahren die Phantom der Tornado F3 weichen musste,
blieb aber die Ausbildungsaufgabe, und das wird sich auch in den nächsten
Jahren bei den Typhoons fortsetzen. Nicht zu vergessen befindet sich seit März
1976 die Battle of Britain Memorial Flight hier.
Diese Spit, die P7350 ist
die älteste flugfähige Spitfire der Welt und die letzte unter den
fliegenden, die noch aktiv am 2. Weltkrieg teilgenommen hat. Sie ist eine von
20.400, die innerhalb 12 Jahren gebaut wurden. Sie kam im August 1940 in Einsatz,
wurde im Oktober von einer Me-109 zur Bruchlandung gezwungen, aber schnell
repariert und flog ab November wieder. Nach dem Krieg wurde sie für 25
Pfund an einen Schrotthändler verkauft, aber dann wurde doch die historische
Wichtigkeit erkannt und die Maschine dem Museum in Colerne übergeben.
Nach ihrer Restaurierung flog sie 1968 im Film "Die Luftschlacht um England"
und wurde danach der BBMF überlassen.
Die Bemalung als "Blue Peter"
ist zu Ehren des Staffelführers George Denholm, der seine Spit mit der
Kennung XT-D geflogen hat. Der Namensgeber von Blue Peter war ein Rennpferd
und nicht die Kinderserie der BBC, wie man vielleicht vermuten möchte.
Denholm hat den Krieg überlebt und starb 1997 mit 87 Jahren.
Die Spitfire hatte ihren
Jungfernflug 1936 und blieb bis 1954 im Dienst der RAF. Am Ende ihrer Entwicklung
hatte ihre Maschine zweimal mehr Kraft als das Original, das maximale Startgewicht
und die Steigleistung hatten sich ebenfalls verdoppelt, die Feuerkraft hatte
sich sogar verfünffacht und die Geschwindigkeit um ein Drittel erhöht.
Die Engländer behaupten, es sei sogar der charismatischste Jäger
seiner Zeit; darüber kann man sicher streiten.
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Während die
Spitfire auf der einen Seite in den Hangar geschoben wurde, wird auf
der anderen Seite eine Hurricane für den Start vorbereitet. Trotz
aller Lobeshymnen auf die Spitfire und die geringere Stückzahl,
die Hurricane wurde nur 14.533 mal gebaut, haben die Hurricanes sogar
größere Erfolge erzielt als die Spit und wurden vor allem
bei der Luftschlacht um England zahlreicher eingesetzt. Jungfernflug
war Ende 1935, und nach Ende des Krieges in Europa haben sie noch in
Fernost ausgeholfen..
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Diese LF363 mit der Kennung
US-C war die letzte Hurricane, die an die RAF geliefert wurde, sie stammt aus
Januar 1944. Nach dem Krieg wurde sie nicht wie die meisten ihrer Kameraden
verschrottet, sondern diente in verschiedenen Filmen und Serien als Filmstar.
Am 11. September 1991 hatte sie auf der Überführung von Coningsby
nach Jersey einen Motorschaden und machte trotz Umleitung nach Wittering eine
Bruchlandung auf dem Flugplatz. Der Pilot überlebte mit mittleren Verletzungen,
die Maschine wurde zwischen 1994 und 1998 komplett restauriert. Danach wurde
sie wieder an die BBMF überstellt. Für das Jahr 2006 und einige Zeit
danach bekam sie ein anderes Farbschema und fliegt nun mit der Kennung YB-W.
Die Bemalungen wechseln alle paar Jahre, um jeweils verschiedene Einheiten
oder Piloten zu ehren.
Pilot der Hurricane war
Squadron Leader Clive Rowley, der Kommandeur der BBMF höchstselbst. Rowley
kam 1971 zur RAF, hatte Gott sei Dank bisher keine Zwischenfälle und bisher
weit über 7.000 Flugstunden. Nach seiner Ausbildung tat er vor allem auf
Lightnings und Tornado F3 Dienst. Er kam 1996 zur BBMF ist seitdem als Spitfire
und Hurricanepilot tätig, war 2004 und 2005 der Chef der Einheit und kam
im Januar 2006 in Rente. Seitdem ist er Vollzeitreservist und steht der BBMF
mit seiner Erfahrung nach wie vor zur Verfügung.
Für diesen Tag war
der Flugbetrieb beendet, die Maschinen der BBMF wurden wieder in den Hangar
geschoben, und wir haben uns im Staffelraum noch ein paar Bierchen genehmigt.
Wer auch mal einen Blick
hierhin werfen will und sich in der Nähe befindet, der kann montags bis
freitags von 10:00 bis 17:00 Uhr zum Besucherzentrum kommen, von halb elf bis
halb vier finden auch geführte Touren durch den Hangar statt. Es wird
allerdings nicht garantiert, dass sich die Maschinen dann da sind, wenn Sie
kommen, theoretisch können Sie Tage erwischen, wo Sie nur vor Werkzeug
und Ölwannen stehen.
Ich bedanke mich an dieser
Stelle ganz herzlich bei Chris Elcock und Jodie Fox, die mir den Besuch und
diesen ganz speziellen Tag ermöglicht haben.
Auch von diesem Tag gibt
es (zusammen mit der Flying Legends Airshow in Duxford eine DVD bei www.vph-airshowvideos.de.
Ich bin wieder um eine schöne
Erinnerung reicher und verabschiede mich, hoffentlich bis zum nächsten
Mal
Ihr und Euer Kai Haarmann
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